Ich war gerade auf einem Seminar mit dem Titel “Von kurz zu lang”. Die Frage, die dort alle Teilnehmerinnen beschäftigte: Wie komme ich über eine Kurzgeschichte hinaus? Eine, die damit gar keine Probleme hat, ist die Wiener Autorin und Journalistin Anni Bürkl. Ihre Spezialität sind nicht nur gute Krimis, sondern gute und lange Krimis. Ihr neuer Krimi rund um Berenike Roither (“Narrentanz”) hat immerhin 414 Seiten. Ich habe sie gefragt, wie man Schreib-Langstreckenläuferin wird.
Dein Krimi fällt durch drei Sachen auf: durch ein Cover, das neugierig macht, durch die ersten Seiten, die einen ins Buch ziehen – und durch sein Gewicht. Über 400 Seiten, wow! War der Krimi direkt so angelegt – oder hat er sich nach und nach entwickelt, so dass er so lang wurde?
Gewichtige Mörder offenbar … Ich fürchte, ich bin eine Lang-Schreiberin, auch die vorherigen Teile dieser Krimi-Serie waren nur wenig dünner. Und das Layout hat sich auch ein wenig geändert. Ja, ich denke, der Umfang war in etwa so angelegt. Aber einiges entwickelt sich immer während des Schreibens, so etwa die falschen Spuren. Ich liebe übrigens, einen Rohtext zu überarbeiten!
Verrätst du ein paar Tipps, wie du so ein großes Projekt handhabst, ohne den Überblick zu verlieren? Wie arbeitest du konkret, dass dir nicht die vielen Fäden entgleiten?
Ich plane mittlerweile recht umfangreich. Am Anfang steht eine vage Idee, die ich in einem Arbeitsexposé entwickle. In dieser Phase ist alles erlaubt, ich schnappe dies und das auf. Viele werden das kennen, dass man plötzlich lauter Dinge mitbekommt, die zum eigenen Thema passen. (Was schlicht selektive Wahrnehmung ist.)
In einer zweiten Phase wird es konkret, Handlungsablauf, Wege der Aufklärung + Figuren entstehen. Ich mache einen Szenenplan (wobei der sich gegen Ende immer vager liest … und verändern kann). Ich spiele mit ersten Szenenentwürfen, suche nach der richtigen Stimmung, der dazu passenden Sprache.
Den Überblick behalte ich durch diese Planungsunterlagen. Was aber auch nicht immer eine Versicherung darstellt. Man kann schon mal den Überblick verlieren, gerade wenn man zum Beispiel tief in eine Szene oder eine Figur eintaucht. Aber im Grunde behalte ich den Überblick ganz gut – was auch Routine ist nach dem 4. Roman.
Wie wird man “Langstrecken-Schreiberin”?
Ja, wie wird man das? Ich glaube, man ist es. Einem liegt der Sprint, einer anderen der Marathon. Ich bin auch im Journalismus eher in der langen Form zuhause, weit mehr als in Kurzmeldungen. Das kann man trainieren, aber die Vorlieben bleiben.
Wenn jemand Lust hat, in die Langstrecke zu wechseln, wäre mein Tipp: Gut vorher planen, ein Zeitgefühl entwickeln, wie lange man an dem Buch schreiben wird – wie lange an einer Szene – und es dann auszuprobieren. Und nicht zu früh aufzugeben, sondern sich die Kräfte einzuteilen – ganz wie im Sport.
Danke für deine Einblicke!
Foto: Anni Bürkl (Autorenfoto)
Narrentanz
Der Krimi “Narrentanz” ist der dritte Fall rund um Berenike Roither. Ich bin mit diesem Buch eingestiegen – was auch gut geht. Berenike ist eine außergewöhnliche Ermittlerin: Sie hat einen Tee- und Literatursalon im Salzkammergut und stolpert immer wieder in ungewöhnliche Verbrechen. Hier beginnt es mit verschwundenen Katzen und endet mit männlichen Leichen. Über 400 spannende Seiten, bis die Morde aufgeklärt sind. Mir gefallen die Charaktere, die eigensinnig und gleichzeitig sympathisch derherkommen. Und ich möchte auf jeden Fall die ersten Bände lesen, um Berenike näher kennenzulernen. Erschienen ist das Buch bei Gmeiner.